"...Grundkonstellationen menschlichen Daseins verpackt er in sinnliche Malerei, Themen unserer Zeit in Kompositionen, die einerseits spannungsreich und andererseits offen genug sind, um den Betrachter in ihren Bann zu schlagen und keine voreiligen Schlüsse zuzulassen. Er bedient sich dabei vielfältiger Symbole und Sujets, so aus Antike und christlicher Ikonographie, klassischer Malerei vergangener Jahrhunderte als auch Malerei der Moderne....

...Das eine Bild - mit dem roten Drachen - ein Triptychon, trägt den Titel „Idee". Es könnte in diesem Bild also um das Maß der Kräfte gehen, um ihr Verhältnis zueinander, ja um Verhältnismäßigkeit insgesamt... Der Drache läßt sich aber auch als geheimnisvoller roter Rhombus lesen, der ein Eigenleben hat. Er segelt mit großer Geschwindigkeit auf den Betrachter zu und es ist offen, wie der Ausgang des Geschehens ist. Droht dem Menschen die Kontrolle zu entgleiten: „Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los!" (Zitat aus Goethes Ballade vom Zauberlehrling). Unbemannte Drohnen lassen sich heute gezielt gegen bestimmte Personen oder Objekte richten ... Wann wird die erste Drohne zu dem zurückkehren, der ihr den Auftrag zur Zerstörung gab und ihn vernichten? Wann wird ein im Labor gezüchteter Virus sich einen Weg nach draußen suchen? Wann kippt die Perfektion und wendet sich ins Chaos?...

...Das Triptychon „Seiltänzer" kann als allgemeines Sinnbild für die künstlerische Existenz gelesen werden. Der Künstler wird vom Publikum bewundert. Er wird solange bewundert, solange es ihm gelingt, die Balance zu halten. Stürzt er ab, wodurch auch immer, ist es möglich, dass das Publikum schnell flieht, ihn verlässt und meidet und er ins Bodenlose fällt...

...Jeder Mensch ist ein Künstler" gehört wohl zu den meistzitierten Sätzen des Deutschen Joseph Beuys. Er gehört jedoch auch zu den Sätzen, um die schon viel gestritten wurde und weiter zu streiten ist. Dabei ging es Beuys vor altem um die Anerkennung des Schöpferischen, was in jedem Menschen wohnt, egal welchen Beruf er oder sie hat, egal, was er oder sie tut. Wenn man diesen Satz im Sinne der Lebenskunst versteht, dann hatte Beuys ohnehin recht, denn schon der antike Philosoph Lucius Annaeus Seneca wusste: „Weise Lebensführung gelingt keinem Menschen durch Zufall. Man muss, solange man lebt, lernen, wie man leben soll."

In diesem Sinne sind wir also alle Lebenskünstler, jeder mehr oder weniger. Und in diesem Sinne findet das Leben also auch immer „live" statt, ganz egal, welchen Plan oder welches Bild wir uns davon machen oder gemacht haben....

Anke Scharnhorst, 2015Mario Gerhard Lischewsky © 2008